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Warum wurde 1961 in Berlin die "Mauer" gebaut?
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Am
13. August 1961 verbreitete die DDR-Nachrichtenagentur um 01.11 Uhr eine sensationelle
Erklärung: "Die Regierungen der Warschauer Vertragsstaaten wenden sich an die
Volkskammer und an die Regierung der DDR, an alle Werktätigen der Deutschen
Demokratischen Republik mit dem Vorschlag, an der Westberliner Grenze eine solche Ordnung
einzuführen, durch die der Wühltätigkeit gegen die Länder des sozialistischen Lagers
der Weg verlegt und rings um das ganze Gebiet Westberlins, einschließlich seiner Grenze
mit dem demokratischen Berlin, eine verläßliche Bewachung und eine wirksame Kontrolle
gewährleistet wird."
Angelaufen war die Aktion zur Sicherung der Grenze bereits am 12. August. Gegen 16 Uhr
unterzeichnete Walter Ulbricht als Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates der DDR
die Befehle über die Sicherung der Staatsgrenze zu Westberlin. Er übergab sie an Erich
Honecker, der die politische und organisatorische Vorbereitung und Durchführung leitete.
Um null Uhr wurden die bewaffneten Organe der DDR in Alarmbereitschaft versetzt und erste
Einheiten der NVA und der VP an die Grenze verlegt. In den frühen Morgenstunden des 13.
August, einem Sonntag, trafen eine Mot.-Schützen-Division, Panzer- und Pioniereinheiten
in Berlin ein. Die Alarmierung der Kampfgruppen in Berlin, Potsdam und Frankfurt (Oder)
erfolgte zwischen 1 Uhr und 1 Uhr 30. Bewaffnete Kämpfer bezogen bald die erste Reihe.
Die Berliner Parteiorganisation wurde ab Mitternacht mobilisiert, Funktionäre des FDGB
und der FDJ nahmen an den Beratungen teil. Die Kreisleitungen der FDJ beauftragten ihre
Funktionäre, die Sicherungsmaßnahmen zu unterstützen und bei der Gewährleistung von
Ruhe und Ordnung in Berlin zu helfen.
Ebenfalls ab Mitternacht wurde der direkte Verkehr zwischen der DDR und Westberlin
unterbrochen. In kürzester Zeit mußten der S- und U-Bahn-Verkehr neu organisiert werden.
Ab 2 Uhr früh nahmen bewaffnete Kräfte erste Schwerpunkte der Grenze zu Westberlin unter
Kontrolle. Ab 3 Uhr wurde die gesamte Grenze zwischen der Hauptstadt der DDR und
Westberlin befestigt und innerhalb weniger Stunden gesichert.
Als die meisten am Sonntagmorgen das Radio anstellten, hörten sie, was in dieser Nacht
geschehen war. Die Reaktionen der Menschen waren natürlich sehr unterschiedlich.
Erleichterung und Verständnis herrschte bei all den Bürgern unseres Landes, die mit
Sorge den Mißbrauch der offenen Grenzen und die schwerwiegenden Folgen für die DDR
sahen. Schon lange bewegte sie die Frage, wie lange man dem subversiven Treiben des
Imperialismus noch zusehen wollte. Im ZK der SED gingen viele Schreiben ein, die dieser
Sorge Ausdruck verliehen.
An jenem 13. August gab es aber auch Unverständnis für die getroffenen Maßnahmen, da
man plötzlich Verwandte, Freunde und Bekannte nicht mehr besuchen konnte und nicht
wußte, wann man sich wiedersehen würde.
Wütender Haß schlug den bewaffneten Kräften an der Grenze von jenen entgegen, die aus
dem "Pendeln zwischen den Welten" persönlichen Nutzen gezogen hatten.
Spekulanten und Grenzgängern war der Weg versperrt. Einige Bürger der DDR hatten bisher
ihre Arbeitskraft in Westberlin verkauft, in dortigen Wechselstuben mit Schwindelkurs ihr
Gehalt vervielfacht und damit billig und besser in der DDR gelebt.
Das war nun vorbei. Die Reaktionen im Westen waren recht unterschiedlich - sie reichten
von Gelassenheit bis zu geheuchelter Empörung. Der Präsident der USA, John F. Kennedy,
sah beispielsweise keine Veranlassung, die geplante Reise auf einer Jacht zu verschieben
oder abzusagen. Die Interessen der USA wie auch der anderen Westmächte waren von den
Grenzmaßnahmen der DDR nicht berührt. Auch der Bundeskanzler der BRD, Konrad Adenauer,
mied übereilte Schritte, als er in der Nacht von den Ereignissen in Berlin erfuhr.
Erich Honecker erklärte später: "Wir hatten berechtigten Grund zu der
Annahme, daß es der NATO nicht möglich sein würde, eine derartige Aktion, die sich ja
ausschließlich auf dem Territorium der DDR vollzog, mit einer militärischen Aggression
zu beantworten. Unsere Informationen besagten, daß sich die USA, die Hauptmacht der NATO,
ohne die ein militärisches Vorgehen nicht denkbar war, in bezug auf Berlin-West, von
eindeutigen Interessen leiten ließ. Das waren: unveränderter Status von Berlin-West,
Anwesenheit der drei Westmächte in Berlin-West, sicherer Verkehr zwischen Berlin-West und
der BRD. Keine dieser Interessen wurde durch unsere Grenzsicherungsmaßnahmen verletzt ...
Wir unternahmen keine andere Aktion als jeder andere unabhängige, souveräne Staat.
Lediglich nahmen wir unsere Grenze gemäß dem damals wie heute von der Organisation der
Vereinten Nationen verbrieften Völkerrecht unter Kontrolle. Damit wurde der Frieden
gerettet und der Grundstein für das weitere Aufblühen der Deutschen Demokratischen
Republik gelegt."
Die Entscheidung über die Maßnahmen vom 13. August haben sich die SED und die Regierung
der DDR nicht leicht gemacht. Sie taten alles in ihren Kräften stehende, um die
Beziehungen zur BRD und zu Westberlin in sachlicher, konstruktiver Weise zu regeln. Alle
diese Schritte scheiterten jedoch an der starren Haltung der entscheidenden politischen
Kräfte in der BRD, die in antikommunistischer Verblendung glaubten, den Sozialismus auf
deutschem Boden beseitigen zu können.
Geradezu symbolisch ist in dieser Hinsicht der 6. Juli 1961. Beide Seiten
veröffentlichten an diesem Tag Dokumente. Die Volkskammer der DDR trat mit dem
"Deutschen Friedensplan" an die Öffentlichkeit, einem weiteren Versuch der
Verständigung beider deutscher Staaten über friedliche Beziehungen, Zusammenarbeit und
Erhalt vielfältiger Kontakte, auch auf familiärem Gebiet. In Bonn stellte der
"Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands" einen neuen
Plan vor. Dieser bot eine Variante an, wie die Macht der Arbeiterklasse und ihrer
Verbündeten in der DDR beseitigt, die DDR der BRD einverleibt, die volkseigenen Betriebe
und Banken privatisiert und das Land der Genossenschaften wieder an Junker und
Großgrundbesitzer verteilt werden sollte. Darin bestand das Kampfziel der deutschen
Bourgeoisie.
Ein wichtiges Mittel zur Schwächung der DDR bildete der Wirtschaftskrieg. Dazu wurde
vornehmlich die offene Grenze zwischen der DDR und Westberlin genutzt. Wirtschaftssabotage
und Währungsspekulation schädigten unsere Republik ebenso wie die Arbeit von
Grenzgängern im Westen. Diese profitierten von den Vorzügen des Sozialismus, ohne dafür
etwas zu leisten.
Zielgerichtet wurde die Abwerbung qualifizierter Werktätiger, Wissenschaftler, Ärzte und
anderer Fachleute betrieben. Nicht wenige Menschen erlagen den Verlockungen des Westens
oder wurden mittels Nötigung und Erpressung zum illegalen Verlassen der DDR veranlaßt.
Wiederholt störte die Bundesregierung den Handel mit der DDR, im September 1960 kündigte
sie das Handelsabkommen. Zwar hob sie diese Maßnahme im Dezember wieder auf, ohne den
Wirtschaftskrieg jedoch zu mindern. Er sollte die Lage der Bevölkerung verschlechtern und
Unzufriedenheit schüren. Nach vorsichtigen westlichen Schätzungen ist der DDR durch die
von der BRD und Westberlin betriebene Ausplünderung ein Schaden in Höhe von über 100
Milliarden Mark entstanden. Zu dieser Einschätzung gelangte der sozialdemokratische
Wirtschaftsexperte Prof. Bade.
Der enorme wirtschaftliche Druck gegen die DDR hatte Folgen. Vor allem verlangsamte sich
die Entwicklung der Arbeitsproduktivität, das Warenangebot blieb hinter der Kaufkraft der
Werktätigen zurück, die Versorgungslage wurde also schwieriger. Der Wirtschaftskrieg war
begleitet von massiver antikommunistischer Hetze in der BRD und Westberlin. Was am 17.
Juni 1953 nicht gelungen war - durch einen "Volksaufstand" den Anlaß für eine
"Hilfsaktion" von außen zu provozieren - sollte nun erneut versucht werden. Der
damalige Verteidigungsminister der BRD, Franz Josef Strauß, verkündete Ende Juli 1961,
daß der zweite Weltkrieg noch nicht zu Ende sei und man in Kürze mit einem
"Bürgerkrieg in Ostdeutschland" rechnen müsse. Um ihn auszulösen, sollten
alle Möglichkeiten Westberlins als "Frontstadt" und "Pfahl im Fleische der
DDR" ausgenutzt werden. 1961 operierten von dort aus 80 Spionage- und
Terrororganisationen sowie 60 revanchistische und militaristische Verbände.
Die Bundeswehr probte 1960/61 verschiedene Varianten des Blitzkrieges, eine
"innerdeutsche Polizeiaktion" aber sollte genügen. Die Drohung mit dem
Atomkrieg sollte die UdSSR von einer militärischen Unterstützung der DDR abhalten.
Anfang August 1961 wurden die NATO-Verbände in Westeuropa in Alarmbereitschaft versetzt.
Die Kriegsgefahr wuchs. Der deutsche Imperialismus hatte in der Geschichte schon
wiederholt das Kräfteverhältnis verkannt, wie sah es diesmal aus?
Die Zeitung "Kölnische Rundschau" forderte am
10. Juli 1961 dazu auf, "alle Mittel des kalten Krieges, des Nervenkrieges und
des Schießkrieges anzuwenden ... Dazu gehören nicht nur herkömmliche
Streitkräfte und Rüstungen, sondern auch die Unterwühlung, das Anheizen des
inneren Widerstandes, die Arbeit im Untergrund, die Zersetzung der Ordnungsgewalt,
die Sabotage, die Störung von Verkehr und Wirtschaft, der Ungehorsam, der
Aufruhr..." Wenige Tage später eilte der damalige Bundesminister für
"gesamtdeutsche Fragen", Ernst Lemmer, samt einem Mitarbeiterstab nach
Berlin-West, um von dort aus die psychologische Kriegsführung gegen die DDR zu
steuern. Die NATO-Verbände in Europa wurden in Alarmbereitschaft versetzt.
Die westlichen Massenmedien entfachten eine üble Hetze
gegen die DDR, machten - in fatalem Gleichklang zum August 1939 mit
"Flüchtlingsströmen" und "Flüchtlingselend" Stimmung für eine
Aggression. Grenzverletzungen und Grenzprovokationen häuften sich. Um Unruhe unter der
Bevölkerung zu stiften, betätigten sich Saboteure im Berliner Vieh- und
Schlachthof am Stadtbahnhof Leninallee und in der Humboldt-Universität im Zentrum
Berlins als Brandstifter.
Seit zwölf Jahren war die Grenze der DDR zu Berlin-West -
mehr oder weniger auch zur BRD - offen. Es war, genauer gesagt, eine offene Grenze der
gesamten sozialistischen Gemeinschaft zur kapitalistischen Welt. Welche Gefahren für den
Frieden dies in sich barg, trat immer deutlicher zutage. Denn die Situation in und
um Berlin-West konnte jederzeit ausgenutzt werden, um gefährliche internationale
Spannungen und Konflikte hervorzurufen.
Das mitten in der DDR gelegene Berlin-West hat eine Grenze
zu unserer Republik von 164 Kilometern Länge. Rund 45 Kilometer davon verlaufen zwischen
Berlin-West und der Hauptstadt der DDR. Bis zum August 1961 war diese Grenze weder
gesichert noch überhaupt zu kontrollieren. Sie verlief inmitten von Straßen,
Häuserblocks, Laubenkolonien oder Wassenvegen. Bis zu einer halben Million
Menschen passierten sie täglich. Aber Berlin-West stellte nicht irgendein
Territorium innerhalb der DDR dar, sondern nach den Worten seiner regierenden
Politiker die "billigste Atombombe", den"Pfahl im Fleische des
Ostens", die "Frontstadt" des kalten Krieges. Dort trieben nicht weniger
als 80 Spionage- und Terrororganisationen ihr Unwesen. Währungsspekulationen
wurden von dort in großem Stil betrieben, um die Wirtschaft der DDR zu zersetzen. In
Berlin-West hatten sich Zentralen für die Abwerbung von Arbeitskräften aus der DDR
etabliert. Ja, man konnte es begründet den Umschlagplatz eines regelrechten
Menschenhandels nennen, für den gewissenlose Manager hohe Kopfprämien kassierten. Mitte
1961 hielten aggressive Kreise in der BRD und ihre Verbündeten in einigen anderen
NATO-Ländern die Zeit für gekommen, erneut Unruhen in der DDR auszulösen. Mit
einer als "innerdeutsche Polizeiaktion" getarnten Operation der Bundeswehr
wollten sie den Provokateuren "zu Hilfe" kommen.
Erich Honecker. Aus meinem Leben, S. 202f.)
Im Sommer 1961 erreichten die Spannungen einen solchen
Grad, daß einschneidende Maßnahmen zum Schutz des Friedens und des Sozialismus
unaufschiebbar waren.
Vom 3. bis 5. August tagten in Moskau die führenden
Vertreter der Staaten des Warschauer Vertrages. Die DDR unterbreitete dort Vorschläge zur
Sicherung der Grenzen um Westberlin. Sie erhielten die Unterstützung der anderen
Teilnehmerländer. Einmütig wurde die Notwendigkeit betont, die Staatsgrenze zu
Westberlin und der BRD - die Trennstelle von Sozialismus und Imperialismus, von Warschauer
Vertrag und NATO - unter Kontrolle zu nehmen, damit die Wühltätigkeit gegen den
Sozialismus unterbunden und die Sicherheit der DDR und des sozialistischen Lagers
gewährleistet sind. Am 13. August wurden die dazu nötigen Maßnahmen präzise und
erfolgreich durchgeführt.
In fast drei Jahrzehnten wurde immer deutlicher, welch positive Wirkungen von diesem
Ereignis ausgingen.
Es war eine empfindliche Niederlage für jene Kräfte
westlich der Elbe, die hofften, durch eine Politik der Stärke, der Erpressung und
Sabotage die DDR in die Knie zu zwingen, und die von der Wiederherstellung des Deutschen
Reiches in den Grenzen von 1937 träumten. Dennoch war es ein langer, komplizierter Weg,
bis die herrschenden Kräfte in der BRD begriffen, was schon wenige Tage nach dem 13.
August 1961 der Düsseldorfer Industriekurier schrieb: "Eine Wiedervereinigung mit
Girlanden und wehenden Fahnen und siegreichem (!) Einzug der Bundeswehr durchs
Brandenburger Tor unter klingendem Spiel - eine solche Wiedervereinigung wird es auf
absehbare Zeit nicht geben. Wir werden uns auf lange Zeit mit dem Nebeneinander zweier
deutscher Staaten abfinden müssen."
Durch die Maßnahmen vom 13. August 1961 wurde dem Frieden
in Europa, der Ruhe und Ordnung im Herzen Europas ein großer Dienst erwiesen. "Der
Frieden, 1945 von der Antihitlerkoalition mit ihrer Hauptkraft, der Sowjetunion, unter
großen Opfern errungen, wurde verteidigt. An jener sensiblen Grenze, an der sich die
beiden Weltsysteme mit ihren militärischen Hauptkräften gegenüberstehen, wurde die
Grundlage für die Gewährleistung der Sicherheit in Europa gefestigt."
(Neues
Deutschland vom 12. August 1988)
Die befestigte Grenze gewährleistete das grundlegende
Menschenrecht auf Frieden und gesicherte Existenz.
Die Arbeiter-und-Bauern-Macht auf deutschem Boden konnte
sich fortan ohne größere Störmöglichkeiten des BRD-Imperialismus entwickeln und die
ökonomischen Gesetze des Sozialismus verwirklichen. Damit verbesserten sich die
Voraussetzungen für den weiteren wirtschaftlichen Aufschwung der DDR und die Lebenslage
ihrer Bürger, Voraussetzung für die Gewährleistung aller sozialen Menschenrechte im
Sozialismus. Die Festigung der sozialistischen Gesellschaft ermöglichte die weitere
Ausgestaltung der sozialistischen Demokratie. Die Rechtssicherheit der Bürger der DDR
konnte besser garantiert werden.
Von westlichen Journalisten ist der Generalsekretär des ZK
der SED und Vorsitzende des Staatrates der DDR, Erich Honecker, seither immer wieder
gefragt worden, wann die "Mauer" verschwinden werde. Die Antwort darauf ist
klar:
Solange die Ursachen fortbestehen, die zu ihrer Errichtung
führten, bleibt sie an ihrem Platze.
Im übrigen sind die Krokodilstränen, die alljährlich im
Westen am 13. August vergossen werden, pure Heuchelei.
Die Mauer hat nur das nachvollzogen, was imperialistische
Politiker 1948/49 bereits taten: Sie haben damals Deutschland zerrissen und gespalten. Den
"eisernen Vorhang", von dem sie damals redeten, haben ausschließlich sie
heruntergelassen.
Quelle / Source:
Fragen an die Geschichte der DDR
Verlag Junge Welt Berlin
3. Auflage, 1989
(Seiten / pages 144-151, East Berlin book from 1989)
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